Ein Archiv der Landschafts- und Siedlungsgeschichte.
Nachdem durch Torfabbau in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts vermehrt außergewöhnliche Gegenstände bekannt wurden, rückte der Fundplatz aufgrund der zwischen 1858 und 1861 durch Helvig Conrad Engelhardt ausgeführten Ausgrabungen und seiner darauf folgenden Publikation (1863) in das Blickfeld der Wissenschaft. Der Ausgräber erkannte bereits Parallelen zwischen dem hier geborgenen Fundensemble
und der Fundzusammensetzung weiterer von ihm später bearbeiteter Plätze in Dänemark (Nydam Mose, Vimose, Kragehul Mose, Porskjær). Mit seiner Arbeit legte Engelhardt unbewusst den Grundstein für eine neue archäologische Quellengattung, welche die Fachwelt zunächst vor große Rätsel stellte. Inzwischen werden diese Lokalitäten mit großen Fundmengen von Heeresausrüstungen auch unter dem Begriff „Kriegsbeuteopferplätze“ zusammengefasst.Seit ihrer Bergung im südöstlichen Bereich des Thorsberger Moores widerfuhr den Artefakten eine wechselhafte Geschichte, die letztlich dazu führte, dass sie in verschiedene Museen gelangten. Der Großteil des Fundmaterials wird heute im Archäologischen Landesmuseum Schleswig auf Schloss Gottorf aufbewahrt und dem Besucher im Rahmen der Dauerausstellung präsentiert.
Bei so genannten Kriegsbeuteopfern handelt es sich um rituelle Niederlegungen militärischer und persönlicher Ausrüstungen von Kriegern sowie weiterer Objekte, die im Kontext mit Heeresverbänden Verwendung fanden. Die Funde gewähren einen Einblick in innergermanische Konflikte, aber auch in kriegerische und gesellschaftliche Strukturen.
Bekannt sind solche Deponierungen vor allem aus Gewässern, Seen und Mooren in Mittel- und Nordeuropa, die günstige Erhaltungs und Auffindungsbedingungen bieten. Ausgewählt wurden diese Plätze vermutlich aufgrund ihrer damaligen religiösen Bedeutung als „Übergangszonen“ und als Verbindungen zwischen diesseitiger Gesellschaft und göttlichen Sphären. Umfangreiche Niederlegungen von Kriegsbeute sind besonders häufig in der jüngeren Römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit nachweisbar. Solche Fundplätze belegen oft mehrere, zeitlich aufeinander folgende Opferungen über einen längeren Zeitraum. Die deponierten Gegenstände stammen aus den Herkunftsgebieten unter legener Heeresverbände. Rituelle Zerstörungsspuren an diesen erbeuteten Objekten durch die siegreiche Bevölkerung verdeutlichen damalige Opfersitten. Die ältesten Funde aus dem Thorsberger Moor sind von Einheimischen geopferte Fibeln und Keramikgefäße aus der Zeit vor Christi Geburt und dem 1. Jahrhundert n. Chr. Eine erste kleinere Deponierung von persönlichen Ausrüstungsbestandteilen, die aus Bereichen südlich der Ostsee stammen, fand in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. statt. In der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. treten große Fundmengen von Heeresausrüstungen elbgermanischer, norddeutscher und inseldänischer Herkunft auf. Um 300 n. Chr. wurden hier zuletzt Objekte geopfert, deren Besitzer aus Inseldänemark und Südschweden stammten.
Das Gemeindegebiet Süderbrarup weist eine hohe Dichte an archäologischen Fundstellen auf und nimmt für die Jahrhunderte nach Christi Geburt eine besondere Stellung in der Landschaft Angeln ein. Neben dem Thorsberger Moor können mehrere, teilweise gleichzeitig genutzte Friedhöfe und zwei Siedlungsstellen nachgewiesen werden.
Zusätzlich liefern Urnenfunde westlich des Marktplatzes und an der Bahnlinie Hinweise auf weitere Friedhöfe, die im 4. und 5. Jahrhundert gleichzeitig mit dem Gräberfeld unter dem Marktplatz genutzt wurden. Im Verhältnis zu dem großen Gräberfeld wurden an der Bahnlinie allerdings mehr Frauen bestattet.
Das größte Gräberfeld mit bisher 1234 bekannten Urnenbestattungen lag unter dem heutigen Marktplatz und wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehrfach archäologisch untersucht. Es gab zwei Friedhofsareale, in denen vorwiegend Männer beigesetzt wurden. Im südlichen wurde vom 1. bis 4. Jahrhundert und im nördlichen vom 3. bis zum frühen 6. Jahrhundert bestattet.
Daneben existierten zwei kaiserzeitliche Siedlungen, von denen eine im Jahr 2007 archäologisch untersucht wurde. Die Ausgrabungen fanden auf der Fläche der Biogasanlage statt und deckten einen bäuerlichen Gebäudekomplex aus mehreren Holzpfostenbauten auf. Als Teil dorfartiger Strukturen bestanden die Hofanlagen der Römischen Kaiserzeit aus langen Wohnhäusern mit Stallteil, Nebengebäuden und Speicherbauten.
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